Vertragsstrafe im Bauvertrag

Vertragsstrafe im Bauvertrag – was Handwerker wissen müssen

Warum spielt die Vertragsstrafe eine so große Rolle?

Der Fertigstellungstermin ist für Auftraggeber (AG) oft entscheidend – sei es für den Umzug ins neue Haus, die Büroeröffnung oder den Schulstart der Kinder. Um mehr Verbindlichkeit beim Zeitplan zu schaffen, wird häufig eine Vertragsstrafe vereinbart – als Druckmittel für den Fall, dass der Unternehmer in Verzug gerät.


 

📜 Gesetzliche Grundlagen

Regelungen finden sich in:

Wichtig: Vertragsstrafen gelten nur, wenn sie vertraglich vereinbart wurden. Es gibt keinen Automatismus.

💡 Ob Vertragsstrafe, Skonto oder Sicherheitsleistung: Es gilt immer das Prinzip „Wenn vereinbart, dann gültig – sonst nicht.“

 


 

⚖️ Vertragsstrafe in AGB oder individuell?

  • In AGB (z. B. vom AG gestellt): gelten strenge Vorgaben aus dem AGB-Recht (§§ 305 ff. BGB)

  • Individuell vereinbart (z. B. ausgehandelt & unterschrieben): deutlich mehr Spielraum

Wenn du als Unternehmer eine Vertragsstrafe akzeptierst, achte genau auf die Formulierung – sonst drohen unwirksame Klauseln oder überhöhte Forderungen.

 


 

💰 Wie wird die Vertragsstrafe berechnet?

  • Üblich: 0,2–0,3 % pro Tag (max. 0,3 %)

  • Bezogen auf die Abrechnungssumme – nicht auf die ursprüngliche Angebotssumme!

  • Maximal: 5 % der Abrechnungssumme

Achtung auf den „Tag“:

  • 5 Arbeitstage pro Woche → 1,5 % Strafe/Woche

  • 6 Werktage → 1,8 %

  • 7 Kalendertage → 2,1 %

➡️ Prüfe im Vertrag, ob Werk-, Arbeits- oder Kalendertage gemeint sind!

 


 

🔎 Beispiel aus der Praxis

  • Angebotssumme: 500.000 €

  • Vertragsstrafe: 5 % = 25.000 €

  • Tatsächliche Abrechnung: nur 350.000 €
    ➡️ Die 25.000 € entsprechen nun über 7 % Vertragsstrafeunwirksam!

Deshalb: Prozentsätze vereinbaren, keine Pauschalbeträge!

 


 

❗ Wann fällt die Vertragsstrafe überhaupt an?

Nur bei Verschulden des Unternehmers!

Kein Verschulden = keine Vertragsstrafe, z. B.:

  • Bauherr liefert Pläne/Genehmigungen zu spät

  • Unwetter, Streik, Materialengpass

  • Verzögerung durch andere Gewerke

👉 In solchen Fällen Baubehinderung anzeigen!
(VOB/B § 6 – siehe eigener Artikel dazu)

 


 

🧾 Vertragsstrafe & Schadenersatz – geht beides?

Ja – aber nicht doppelt.

Wenn dem AG z. B. durch die Verspätung Hotelkosten entstehen, kann er diesen Schaden zusätzlich geltend machen
Die Vertragsstrafe wird aber angerechnet (§ 6 Abs. 6 VOB/B)

 


 

📅 Vertragsstrafen bei Zwischenfristen

Neben der Gesamtfertigstellung können auch Einzelfristen im Bauzeitenplan Vertragsstrafen auslösen.

Unterschiede:

  • Maximal 0,15 % pro Werktag üblich

  • Berechnungsgrundlage: Leistung bis zur Zwischenfrist, nicht der Gesamtauftrag

Auch hier gilt: Klauseln in AGB müssen wirksam sein – sonst entfallen die Strafen komplett!

 


 

Wann entfällt die Vertragsstrafe?

  • Unwirksame Klausel = ganze Regelung fällt weg (wird nicht „geheilt“!)

  • Vorbehalt fehlt bei Abnahme = keine Vertragsstrafe mehr möglich!

    • Gilt bei förmlicher Abnahme

    • Oder: bei Ingebrauchnahme/Fertigstellungsanzeige innerhalb der gesetzlichen Fristen

  • Vertrag gekündigt = keine Fertigstellungspflicht → kein Verzug mehr
     


 

🛠️ Tipps für die Praxis

✅ 1. Baubehinderungen schriftlich anzeigen

  • Mit Datum, Dauer, Ursache – lückenlos dokumentieren

✅ 2. Abnahmereife frühzeitig anzeigen

  • Nachweislich, schriftlich, mit klarem Datum

  • Oft entscheiden wenige Tage über Vertragsstrafe oder nicht

✅ 3. AGB genau prüfen

  • Gültige Formulierung könnte z. B. lauten:

„Bei schuldhafter Überschreitung der vereinbarten Ausführungsfrist schuldet der Unternehmer eine Vertragsstrafe in Höhe von 0,2 % pro Werktag, bis maximal 5 % der Abrechnungssumme. Die Vertragsstrafe wird auf etwaigen Schadensersatz angerechnet.“

 

 


 

Fazit

Vertragsstrafen sind kein Hexenwerk – aber ein sensibles Thema.
Wer sie unkritisch unterschreibt, kann schnell unnötige Kosten riskieren.
Wer sie clever prüft & dokumentiert, bleibt auf der sicheren Seite.

 

 


 

👉 Weiterführend:

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