🔍 Kündigung durch den Auftragnehmer – das sagt das Gesetz
Im Vergleich zum Auftraggeber (AG) ist das Kündigungsrecht für Unternehmer (AN) im Bauvertrag stark eingeschränkt. Das wird allein optisch deutlich: Während sich § 8 VOB/B (Kündigung durch den AG) über mehr als eine Seite zieht, umfasst § 9 VOB/B (Kündigung durch den AN) gerade einmal ein Drittel einer Seite.
➡️ Wichtigster Unterschied:
Der Auftragnehmer kann den Vertrag nicht einfach grundlos kündigen – weder nach VOB/B noch nach BGB.
❌ Kein Recht auf freie Kündigung
Während der AG jederzeit kündigen kann – auch ohne konkreten Grund –, braucht der Unternehmer immer einen „wichtigen Grund“.
💡 Nur weil der Bauherr schwierig oder nervig ist, dürfen Sie nicht einfach aus dem Vertrag aussteigen.
Die Rechtslage ist eindeutig – sowohl in § 643 BGB als auch in § 9 VOB/B.
⚠️ Wann ist eine Kündigung durch den Unternehmer zulässig?
🧾 Wichtiger Grund laut BGB (§ 648a Abs. 1)
Ein wichtiger Grund liegt vor,
„wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrags bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann.“
Diese Regelung gilt für beide Seiten – AG und AN – gleichermaßen.
💸 1. Keine Zahlungen durch den Auftraggeber
Der häufigste Fall: Der Bauherr zahlt nicht oder verspätet.
Der AG gerät in Zahlungsverzug
Als Unternehmer gehen Sie regelmäßig in Vorleistung
Ohne rechtzeitige Zahlung ist Ihre Arbeit gefährdet
📂 2. Keine Mitwirkung des Auftraggebers
Der AG ist zur Mitwirkung verpflichtet – z. B.:
Bereitstellung von Plänen & Genehmigungen
Übergabe des Grundstücks
Rückmeldung auf Schreiben (z. B. Baubehinderung)
Zugang zu Lagerflächen
Wenn diese Pflichten nicht erfüllt werden, sind Sie arbeitsunfähig – das ist ein Fall von Annahmeverzug.
🛑 3. Längere Bauunterbrechung
Bei einer Bauunterbrechung über mehr als 3 Monate (z. B. durch Behinderung oder Stillstand) ist eine Kündigung nach § 6 Abs. 7 VOB/B möglich – für beide Seiten.
🧾 4. Keine Bauhandwerkersicherung (§ 650f BGB)
Wenn der AG eine verlangte Sicherheit (z. B. zur Sicherung Ihrer Vergütung) nicht rechtzeitig stellt, ist ebenfalls eine Kündigung möglich.
Weitere Infos hierzu finden Sie in meinem separaten Beitrag zur Bauhandwerkersicherung.
🏚️ 5. Weitere Sonderfälle
Denkbar sind auch:
Insolvenz des AG
Wegfall der Geschäftsgrundlage (z. B. fehlende Finanzierung)
Vertragsverletzungen anderer Art
➡️ In solchen Fällen immer anwaltlich beraten lassen, bevor Sie kündigen.
📏 Spielregeln für eine rechtssichere Kündigung
✅ 1. Nachfrist setzen
Immer vor der Kündigung eine angemessene Frist setzen
Bei Zahlungsverzug meist: 3–5 Werktage
✅ 2. Kündigung androhen
In der Fristsetzung muss bereits stehen:
„Sollte keine Zahlung erfolgen, behalten wir uns die Kündigung vor.“
✅ 3. Schriftform einhalten
Kündigung muss unterschrieben auf Papier erfolgen
Reine E-Mail genügt nicht!
✅ 4. Zugang beweisbar machen
Mehrere Wege nutzen:
Einwurfeinschreiben
Fax mit Journal
Persönliche Übergabe mit Bestätigung
Eingescannter Brief per E-Mail mit Lesebestätigung
🛠️ Praxistipps zur Bauvertragskündigung
Verhandeln statt kündigen, wenn möglich – Kündigungen schaffen oft neue Probleme
Einheitspreisverträge lassen sich bei Kündigung einfacher abrechnen
Bei (Global-)Pauschalverträgen wird die Leistungsabgrenzung meist streitiger
Dokumentieren Sie alle offenen Leistungen und Forderungen
Schadensersatz prüfen: Verzugszinsen, entgangener Gewinn, Zusatzkosten etc.
Verlangen Sie eine Leistungsfeststellung & Abnahme, auch ohne AG (wenn er nicht erscheint)
Nur durch eine Zustandsfeststellung sichern Sie sich gegen spätere Streitigkeiten ab – vor allem bei Mängeln oder offenen Zahlungsansprüchen.
Fazit
Die Kündigung eines Bauvertrags durch den Unternehmer ist möglich – aber nur unter strengen Bedingungen.
Ohne wichtigen Grund, Fristsetzung und saubere Dokumentation kann sich die Kündigung schnell gegen Sie selbst richten.
Tipp: Prüfen Sie Ihre Optionen genau – und holen Sie im Zweifel rechtlichen Rat ein, bevor Sie den Vertrag beenden.