Dieses Mal wird es ein sehr kurzer Artikel, denn tatsächlich ist das Recht auf Kündigung des Bauvertrags durch den Unternehmer gegenüber dem Kunden ziemlich eingeschränkt, zu finden in der VOB/B §9 und im BGB §643.
Das kann man tatsächlich schon optisch in der VOB/B auf einen Blick erkennen: während §8 (Kündigung durch den AG) sich über gut eineinhalb Seiten erstreckt, nimmt §9 gerade mal ein Drittel einer Seite in Anspruch.
Wichtigster Unterschied zum Kündigungsrecht des AG: es gibt für den Unternehmer KEINE freie, das bedeutet: grundlose Kündigung. Während der Bauherr dem AN theoretisch jederzeit und ohne, dass ein objektiver Anlass dafür vorliegt kündigen kann, braucht der Unternehmer dafür zwingend einen wichtigen Grund! Dies gilt sowohl für BGB, als auch VOB/B. Nur weil also ein Bauherr vielleicht etwas unbequemer oder vielleicht sogar „nervig“ ist, gibt es Ihnen nicht das Recht, sich aus dem Vertrag so einfach zu verabschieden.
Wann ist eine Kündigung wegen „wichtigem Grund“ möglich?
Ein wichtiger Grund, Zitat BGB, liegt vor, wenn „dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann“, §648a (1).
Natürlich gilt diese Definition gleichermaßen für den Bauherrn und auch für die VOB/B.
Keine Zahlungen
Wahrscheinlich häufigster Grund: der Bauherr zahlt nicht, gerät damit also in Schuldnerverzug. Der AG aber muss seine Zahlungen rechtzeitig und vollständig leisten. Da der Unternehmer regelmäßig in Vorleistung geht, ist er auf rechtzeitigen Geldeingang angewiesen.
Keine Mitwirkung
Dazu gehört auch die Mitwirkungspflicht des Auftraggebers. Der Bauherr hat nicht nur Rechte, sondern auch eine Vielzahl an Pflichten, die er natürlich auch erfüllen muss: z.B. Bringen von Plänen und Genehmigungen, Bereitstellung des Grundstücks und von Lagerplätzen, Reaktion auf wichtige Schreiben des Unternehmers (Baubehinderung etc.) und vieles mehr…
Sollte er ihm obliegende Pflichten nicht, oder nicht rechtzeitig genug erfüllen, so ist der Unternehmer außerstande, seine Arbeiten fortzuführen, man spricht hier auch von „Annahmeverzug“.
Dazu gehört auch, wenn eine Bauunterbrechung eintritt, die länger als 3 Monate dauert, VOB/B §6 (7). Bei dieser klassischen „Baubehinderung“ haben allerdings beide Vertragsparteien das Recht auf Kündigung des Bauvertrags.
Weniger bekannt: Bauhandwerkersicherung
Eine letzte, eher weniger bekannte Möglichkeit für eine Kündigung des Bauvertrags bietet sich, wenn der AG eine verlangte Sicherheit (Bauhandwerkersicherung) nicht rechtzeitig stellt, s. BGB §650f. Zu dieser Möglichkeit habe ich einen eigenen Text verfasst und gehe daher an dieser Stelle nicht näher darauf ein. Lesen Sie über diese durchaus starke Maßnahme gerne in einem früheren Artikel von mir nach.
Neben oben genannten Gründen wären natürlich auch andere Szenarien denkbar, dass z.B. komplett die Geschäftsgrundlage entfällt (Bauherr geht Pleite, die Genehmigung oder Finanzierung für den Bau kann nicht erteilt werden….) oder der Vertrag anderweitig verletzt wird. Das sollte/muss aber im Einzelfall im Zweifel von einem Fachanwalt überprüft werden – handeln Sie hier keinesfalls vorschnell!
Grundlegende „Spielregeln“
- Keine Kündigung ohne angemessene Nachfrist! Der Begriff „angemessen“ ist dabei relativ und vom Einzelfall abhängig, aber bei Zahlungsverzug kann man von maximal 5, bei kleineren Beträgen eher 3 Werktagen ausgehen. Schließlich sollte es keine allzu große Mühe bereiten, einen Überweisungsträger auszufüllen.
- Mit der Nachfristsetzung muss die Kündigung auch unmissverständlich angedroht werden, damit dem Bauherrn der Ernst der Lage noch einmal in aller Deutlichkeit klar gemacht wird.
- Wenn die gesetzte Frist dann ohne Erfolg verstrichen ist, muss die Kündigung schließlich noch erklärt werden.
- Auf jeden Fall muss die Kündigung selbst (wie auch alle anderen wichtigen Schreiben) in Schriftform erklärt werden. Das bedeutet, dass tatsächlich auch eine händische Unterschrift auf das Blatt gesetzt werden muss!
- Sorgen Sie für die Beweisbarkeit der Zustellung und auch, was Sie da eigentlich genau zugestellt haben! Bei so wichtigen Schreiben empfiehlt sich das Versenden auf mehreren Wegen: Einwurfeinschreiben, Fax mit ausführlichem Journalausdruck, persönliche Zustellung…
- Eine getippte Mail alleine erfüllt keine Schriftform! Sie müssten zumindest ihr unterschriebenes Schriftstück einscannen und diese Datei verschicken, am besten noch mit Lesebestätigung. Aber denken Sie an Spamordner, Firewalls etc.: die Beweisbarkeit des Zugangs einer Mail ist mehr als fragwürdig!
Praxistipps
- Grundsätzlich: versuchen Sie, mit dem AG noch einmal Kontakt aufzunehmen und zu verhandeln, wenn das noch möglich ist. Eine Kündigung des Bauvertrags wirft immer eine Menge ungelöster Fragen und Probleme auf, selten gibt es dabei DEN einen Gewinner. Eher läuft es auf eine lose-lose-Situation hinaus.
- Gerade, wenn es dann um die Abrechnung geht, kann es nämlich durchaus Probleme geben. Beim Einheitspreisvertrag ist es noch relativ unproblematisch: Sie messen lediglich die bisher erbrachte Leistung auf und rechnen dann nach Einheitspreisen ab.
- Handelt es sich aber um einen (Global-) Pauschalvertrag, kann die Leistungsabgrenzung schwierig werden und Streitigkeiten sind vorprogrammiert! Überlegen Sie sich wirklich sehr gut, ob Sie so einen Vertrag wirklich kündigen möchten.
- Denken Sie in jedem Fall auch daran, eventuelle Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Verzugszinsen, entgangener Gewinn, Nachteile durch schnell benötigte Neuauträge usw. Sofern Ihr Schaden nachweisbar ist, haben Sie hier durchaus gute Chancen.
- Bestehen Sie auf eine unverzügliche Leistungsfeststellung (Zustandsfeststellung) und Abnahme! Beide Vertragspartner und damit auch Sie haben das Recht dazu und nur dadurch kann geklärt werden, welche Zahlungsansprüche Sie noch haben. Außerdem welche Mängel u.U. zu diesem Zeitpunkt vorlagen und für welche Leistung Sie ab welchem Zeitpunkt die Gewährleistung übernehmen müssen. Falls Sie einen Termin dafür festgelegt haben und der AG den explizit verweigert oder unentschuldigt fern bleibt, obwohl Sie rechtzeitig eingeladen hatten, dürfen Sie diese Feststellung auch ohne ihn durchführen! Die Beweislast für den Leistungsstand oder eventuelle Mängel trägt dann der Bauherr, heißt: Mängel, die in der Zustandsfeststellung nicht benannt sind, waren zu dem Zeitpunkt eben auch nicht vorhanden.