Baubehinderung

Baubehinderung im Handwerk – wie Sie Ihre Rechte richtig sichern

Pläne kommen zu spät, Nachträge werden nicht freigegeben, die Statik verzögert sich, oder es fehlen Materialien – klassische Baubehinderung.

Klingt vertraut? Dann gehören Sie zur großen Mehrheit der Unternehmer, die auf der Baustelle durch Versäumnisse anderer ausgebremst werden.

Doch wer sich nicht wehrt, verliert schnell Zeit – und am Ende vielleicht sogar Geld durch Vertragsstrafen.
Hier erfahren Sie, wie Sie richtig reagieren – rechtssicher, sachlich und mit Wirkung.


 

🧱 Was ist eigentlich eine Baubehinderung?

Eine Baubehinderung liegt vor, wenn Sie Ihr Gewerk nicht planmäßig ausführen können, weil der Auftraggeber (AG) oder andere Umstände dies verhindern.

Typische Auslöser:

  • fehlende Pläne oder Genehmigungen

  • keine Nachtragsfreigabe

  • verspätete Statik

  • nicht bereitgestellte Lagerflächen

  • Zahlungsverzug des AG

  • höhere Gewalt (z. B. Unwetter, Pandemie)


 

😤 „Krieg auf der Baustelle?“ – Wenn der AG beleidigt reagiert

Ein Seminarteilnehmer berichtete:

„Ich habe höflich auf eine Verzögerung hingewiesen – und der Bauherr war beleidigt, sprach von Misstrauen und ‚Krieg auf der Baustelle‘.“

Viele Unternehmer schrecken vor Konfrontation zurück. Doch:

Wer schweigt, verliert.
Lieber ein Schreiben zu viel – als eines zu wenig!

Schon bei Vertragsunterzeichnung sollten Sie ankündigen, dass Sie professionell dokumentieren – dann wird der Bauherr nicht überrascht sein.


 

📋 Die Lösung: Die Baubehinderungsanzeige

VOB/B §6 enthält die zentrale Regelung dazu:
➡️ „Behinderung und Unterbrechung der Ausführung“

Auch bei BGB-Verträgen ist eine Baubehinderungsanzeige zulässig und anerkannt.

Zweck der Anzeige:

  • Sie dokumentieren die Ursache der Verzögerung

  • Sie schützen sich gegen Verzugsfolgen und Vertragsstrafe

  • Der Fertigstellungstermin verschiebt sich nach hinten


 

⚖️ Voraussetzungen für eine anerkannte Baubehinderung

✔️ Auslöser muss im Risikobereich des AG liegen:

  • verspätete Unterlagen, Pläne, Freigaben

  • unterlassene Mitwirkung (z. B. Grundstückszugang, Nachtragsentscheidung)

  • gestörte Abläufe durch andere Gewerke

Stichwort: Annahmeverzug – der AG kommt seinen Pflichten nicht nach

 

⚠️ Sonderfälle:

  • Streik, der den Zugang zur Baustelle verhindert

  • Höhere Gewalt (z. B. Unwetter, Pandemie)

    • Pandemie zählt nur, wenn sie nicht vorhersehbar war!

  • Schlechtes Wetter ist in bestimmten Jahreszeiten einzuplanen (z. B. Frost im Januar = kein Behinderungsgrund)


 

📌 So zeigen Sie eine Baubehinderung richtig an

Die wichtigsten Spielregeln:

  1. 📝 Schriftlich – „Wer schreibt, der bleibt“

  2. Unverzüglich – möglichst sofort nach Feststellung

  3. 🧑‍💼 An den AG – nicht nur an Architekt oder Bauleitung

  4. 📅 Dauer angeben – inkl. Zusatzzeit für Wiederherstellung des Bauablaufs

  5. 🧾 Folgen benennen – insbesondere Verschiebung des Fertigstellungstermins


📌 Beispielhafte Formulierung:

„Hiermit zeigen wir eine Baubehinderung an. Grund: Fehlende Freigabe des Nachtragsangebots vom [Datum].
Die Verzögerung beträgt voraussichtlich [x] Werktage zzgl. [x] Tage Rüstzeit.
Der Fertigstellungstermin verschiebt sich entsprechend auf den [neues Datum].“


 

💰 Vertragsstrafe trotz Behinderung?

Nur wenn Sie KEINE Anzeige schreiben!

Denn: Ohne Anzeige bleibt der ursprüngliche Termin bestehen – mit allen Konsequenzen.

VOB/B §11 – Vertragsstrafe gilt nur „wenn“ sie vertraglich vereinbart wurde.
Keine Vereinbarung = keine Strafe.


 

Was passiert nach der Anzeige?

Pflicht zur Wiederaufnahme der Arbeiten

Sobald die Behinderung endet, müssen Sie „unverzüglich ohne weiteres“ weiterarbeiten (VOB/B).

In der Praxis: „Ohne schuldhaftes Zögern“
Sie müssen nicht sofort auf der Matte stehen – aber plausibel erklären, wann und warum Sie wieder loslegen.

Melden Sie auch den Wiederbeginn der Arbeiten offiziell an den AG – das schützt Sie später bei Fristen & Nachträgen.


Was tun bei langer Behinderung?

Dauert die Baubehinderung länger als 3 Monate, steht beiden Seiten ein Sonderkündigungsrecht zu (VOB/B §6 Abs. 7).


 

⚠️ Achtung bei Schadenersatzforderungen

Wenn Sie durch die Behinderung nachweislich geschädigt wurden, können Sie Ersatz fordern – z. B. für:

  • zusätzliche Rüstzeiten

  • Gerätebereitstellung

  • Leerlaufkosten

Aber: Beweispflicht liegt bei Ihnen!
➡️ Seien Sie penibel in der Dokumentation von Zeiten, Personal, Maschinen & Ausfallgründen.


 

✅ Fazit

🔹 Baubehinderung ist Alltag – aber rechtlich kein Selbstläufer
🔹 Nur wer dokumentiert, kann Termine & Ansprüche sichern
🔹 Konfrontationen lassen sich durch frühe, sachliche Kommunikation oft vermeiden
🔹 Ihre stärkste Waffe: die professionelle Baubehinderungsanzeige

 

 


 

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