Baubehinderung

Baubehinderung

Störung des Bauablaufs, Baubehinderung? Kaum eine Baustelle, bei der das nicht vorkommt, aber das kann Ihnen als Unternehmer massive Probleme bereiten. Wichtig ist jetzt, dass Sie schnell reagieren, bevor eine eventuelle Vertragsstrafe Ihren Gewinn auffrisst!

Die klassische Baubehinderung: mal kommen Pläne nicht rechtzeitig, Nachträge werden nicht zeitnah freigegeben,
die Statik verzögert sich, Mengen erhöhen sich unerwartet. Sie kennen das auch aus Ihrer täglichen Baustellen-Praxis?

Sie möchten einfach nur zügig Ihren Job erledigen und pünktlich Ihr Gewerk fertigstellen, doch manchmal bremst Sie ein nachlässige Vertragspartner aus. Und obwohl Bauherren oder ihre beauftragten Architekten normalerweise über ihre Rechte bestens Bescheid wissen, hapert es beim Wissen um die Pflichten manchmal. Doch wenn eine Seite nicht richtig mitspielt und in dem Fall eben nicht pünktlich liefert, kommt ganz schnell der Fertigstellungtermin in Gefahr. Dem Unternehmer drohen mitunter ernsthafte Folgen. Ein Bauvertrag kann aber nur erfolgreich funktionieren, wenn beide Seiten die Spielregeln kennen und sie vor allem auch befolgen!

 

Beleidigte Leberwurst?

Noch schwieriger wird es, falls Ihr Gegenüber „verschnupft“ reagiert, sobald Sie dann dann doch einmal ihr erstes Schreiben verschicken und den Bauherrn auf sein Versäumnis hinweisen. Ein Seminarteilnehmer erzählte, dass sein Bauherr regelrecht persönlich beleidigt war und fragte, ob ihm denn der Unternehmer jetzt plötzlich misstraue oder ob er nun tatsächlich Krieg auf der Baustelle wolle?

Eigentlich haben Sie nur 2 Möglichkeiten: Sie gehen den vielleicht unbequemen Weg und lassen es auf eine eventuelle Konfrontation ankommen (die wahrscheinlich gar nicht kommt). Oder: Sie schlucken alles zähneknirschend und hoffen darauf, dass schon alles irgendwie gut gehen werde.

Meine Devise:

keine Angst vor der eigenen Courage und „wer schreibt der bleibt“! Lieber zwei Schreiben zu viel als eines zu wenig! Diese Regel kann ich ja schon bei der Vertragsunterzeichnung dem Bauherrn klar kommunizieren, dann wird er später auch nicht von meiner professionellen Dokumentation überrascht werden.

Denn was wäre die Alternative? Das dicke Ende kommt immer zum Schluss: wenn Sie auf die Befindlichkeiten eines Bauherrn übertrieben Rücksicht nehmen, nur weil Sie negative Auswirkungen fürchten, wenn Sie Ihre Rechte einfordern, wird Ihnen das u.U. nicht belohnt werden. Im Gegenteil: wer alles mit sich machen lässt, wird eher noch mehr ausgenutzt.

DIE Lösung für das Problem

Also sprechen wir über eines dieser wichtigen Schreiben, das Sie unbedingt kennen und nutzen sollten: die Baubehinderungsanzeige. Sie finden die Regelungen dazu in der VOB/B §6 „Behinderung und Unterbrechung der Ausführung“.
Das BGB kennt zwar keinen gleichlautenden Paragrafen, aber Sie können die VOB-Bestimmungen 1:1 auch beim BGB-Vertrag so anwenden!

Sinn und Zweck dieses Schreibens ist es, Verzögerungen, die Ihnen durch Schuld des AG entstehen aufzuzeigen und zwar vor allem mit dem Hinweis, dass sich die Fertigstellungszeit um eben die Zeit der Verzögerung (Behinderung) nach hinten schiebt.

Falls Sie dieses Schreiben unterlassen, bliebe ein vereinbarter Fertigstellungstermin unverändert bestehen, auch wenn Sie gar nichts dafür können und dann müssten Sie auch eine eventuelle Vertragsstrafe bezahlen, sofern diese Vertragsinhalt war.

Zum Thema Vertragsstrafe (VOB/B §11): ganz wichtig ist dabei das erste Wort in diesem Paragrafen und das lautet „Wenn…“! Eine Vertragsstrafe kommt also wirklich nur zum Tragen, wenn sie VORHER vereinbart wurde – wenn nicht, dann eben nicht!

Die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Baubehinderung:

Die Behinderung muss auf jeden Fall aus dem Risikobereich des AG kommen! Klar wäre es schön, wenn ich als Unternehmer auch die Bauzeit verlängern könnte, wenn ich z.B. die Größe der Baumaßnahme unterschätzt habe und nun in Bedrängnis komme. Das funktioniert nur leider nicht!

Beispiele hierfür wären z.B. jegliche Art von „Pflichtverletzung“ des AG. Jede Vertragspartei hat Rechte und Pflichten, die aus einem Bauvertrag entstehen und beide müssen dafür sorgen, dass diese Regeln auch eingehalten werden!

  • Der Bauherr muss z.B. notwendige Unterlagen, Pläne und Genehmigungen rechtzeitig vorlegen. Egal ob die Verzögerung vom beauftragten Architekten des Bauherrn oder ihm selbst verursacht wird, die Verantwortung liegt trotzdem beim AG.
  • Der Auftraggeber hat eine Mitwirkungspflicht, die z.B. in der VOB recht ausführlich benannt wird. Bei Unterlassen dieser Pflichten handelt es sich um den sogenannten Annahmeverzug, er unterlässt also bestimmte Handlungen. Als Beispiele gelten u.a. Absteckung der Hauptachsen des Bauobjekts, Bereitstellung des Grundstücks. Natürlich auch Entscheidung bei Bedenkenanmeldung des AN, Überlassen von Lagerplätzen, Genehmigung von Nachträgen, Zahlung seiner Rechnungen usw…..
 
Die nächsten Punkte sind zwar nicht direkt in der Verantwortung des Bauherrn zu sehen, dennoch definiert die VOB sie als weitere Behinderungsgründe:
  • Streik: wenn Sie z.B. auf dem Gelände eines Industrieunternehmens tätig sind und aufgrund von Arbeitskampfmaßnahmen dessen Belegschaft (Aussperrungen) nicht mehr zu Ihrer Baustelle  durchkommen, müssen Sie mit einer Anzeige reagieren.
  • Zuletzt wird noch höhere Gewalt benannt. Dazu gehören Erdbeben, Jahrtausendhochwasser, Tornados oder Katastrophen ähnlichen Ausmaßes. 
  • Übrigens zählt dazu auch eine Pandemie (z.B. Corona), sofern Sie von der noch nicht bei Baubeginn Bescheid wussten! Ist das Problem aber schon vorher bekannt, wäre das kein reiner Behinderungsgrund mehr, zumindest eine Grauzone! Sie sollten daher schon bei der Vertragsgestaltung einen entsprechenden Vermerk mit aufnehmen, dass eventuell mit Verzögerungen wegen Krankheit, Sperrungen oder Lieferschwierigkeiten auftreten könnten!
 
Gleiches gilt übrigens auch für schlechtes Wetter, mit dem in bestimmten Jahreszeiten normalerweise zu rechnen ist: Schnee und Kälte im Januar sind – in normalem Umfang – keine Baubehiderung! In dieser Jahreszeit müssten Sie üblicherweise damit rechnen.

Spielregeln für eine Baubehinderungsanzeige: 

  1. Grundsätzlich schriftlich: denken Sie an den ständigen Spruch „Wer schreibt, der bleibt!“
  2. Unverzüglich: so schnell wie möglich, denn jeder Tag Verzögerung kann Sie am Ende mit der Vertragsstrafe Geld kosten.
  3. An die richtige Person: auch wenn Sie auf der Baustelle nur mit Bauleitung oder Architekt zu tun haben, muss auf jeden Fall grundsätzlich und immer auch der Bauherr informiert sein.
  4. Wenn die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, steht Ihnen Schadensersatz zu, sofern Ihnen ein Schaden nachweislich entstanden ist und Sie den auch beweisen können. Achtung, hier kann es in der Praxis zu Problemen kommen, wenn Sie z.B. regelmäßig immer nur für ein paar Tage aufgehalten werden, Ihr Arbeitsfluss deshalb nachhaltig unterbrochen wird und Sie folglich mit Ihren kalkulierten Stunden nicht mehr auskommen. Der Nachweis eines echten Schadens kann hier sehr schwer werden, seien Sie also von Anfang an penibel in der Dokumentation der Situation.
  5. Benennen Sie auf dem Schreiben die voraussichtliche Dauer der eigentlichen (Primär-) Verzögerung zuzüglich eines angemessenen Zeit-Zuschlags wegen eventueller (Sekundär-) Verzögerung, also die Zeit, die Sie z.B. für ein mehrmaliges Räumen und wieder Einrichten Ihrer Baustelle benötigen. Weisen Sie darauf hin, dass sich der Fertigstellungstermin um diese vorläufig ermittelte Anzahl von Tagen nach hinten schieben wird und damit eben auch die Vertragsstrafe nicht zum ursprünglichen Termin fällig werden kann.
    Sollte im Übrigen der AG versäumen, einen neuen, verbindlichen Fertigstellungstermin zu fixieren und Sie auch nach der Fristüberschreitung zu mahnen, verfällt die Vertragsstrafe komplett.
  6. Sollte die Baubehinderung länger als 3 Monate am Stück dauern, steht beiden Vertragsparteien ein Recht auf Kündigung zu.

 

Zum Schluss noch eine Besonderheit:

Wenn irgendwann nach ein paar Tagen oder Wochen die Baubehinderung wieder wegfällt, so sind Sie nach VOB verpflichtet „ohne weiteres und unverzüglich die Arbeiten wiederaufzunehmen“! 

Das ist aber in der Praxis bei wörtlicher Auslegung so gut wie unmöglich umzusetzen, denn schließlich hat nicht jeder Unternehmer ein Springerteam auf Abruf sitzen, das sofort auf die Baustelle stürmt, sobald die Behinderung weggefallen ist. Diese Formulierung ist so auszulegen, dass der AN zumindest „ohne schuldhaftes Zögern“ weiterarbeiten muss. Sie müssten also u.U. nachweisen, dass Sie z.B. noch eine wichtige Terminbaustelle abwickeln müssen und noch nicht kommen können. Es ist sogar denkbar, dass sich die Wiederaufnahme der Arbeit um mehrere Wochen oder Monate verzögert, falls Sie mit witterungssensiblen Arbeiten aufgrund der Behinderung in die Winterzeit rutschen und aus technischen Gründen nicht arbeiten können.

Denken Sie auch auf jeden Fall daran, dem AG den Arbeitsbeginn mitzuteilen sobald Sie wieder loslegen, damit der Termin für später eindeutig dokumentiert ist!

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