Vertragsstrafe
Mehr Infos zur Vertragsstrafe im Bauvertrag finden Sie u.a. im BGB §286 und §339 bzw. der VOB/B §11.
Der Faktor Zeit spielt bei nahezu jedem Bauvorhaben eine gewichtige Rolle! Zum einen muss der Unternehmer seine Bauvorhaben mit Bauzeitenplänen eng und realistisch vorausplanen. Damit kann er z.B. beim schlüsselfertigen Bauen seine Folgegewerke verbindlich einteilen, so dass diese auch zuverlässig auf der Baustelle erscheinen.
Auf Seiten des Bauherren ist dabei vor allem der Fertigstellungszeitpunkt von großer Bedeutung! Verständlicherweise möchte er wissen, wann er sein Werk in Benutzung nehmen kann.
Handelt es sich um einen Unternehmer, möchte er womöglich seine Geschäftseinweihung oder den Umzug in das neue Bürogebäude planen. Ist der Bauherr ein Verbraucher, will er bei Ortswechsel die Kinder pünktlich an der neuen Schule oder dem Kindergarten anmelden. Vielleicht muss er die alte Wohnung kündigen, tritt die neue Arbeitsstelle an.
Damit bei der Planung des Fertigstellungstermins mehr Verbindlichkeit hergestellt werden kann, vereinbart man daher häufig eine Vertragsstrafe. Das macht Sinn, falls der Unternehmer den Termin nicht einhält, also in Verzug gerät.
Gesetzliche Voraussetzungen
Da der Unternehmer naturgemäß kein großes Interesse an diesem durchaus unbequemen Druckmittel hat, wird die Vertragsstrafe in der Regel vom Bauherrn einseitig vorgegeben, meist in Form von AGB. Damit muss diese Regelung aber auch bestimmte Kriterien erfüllen, die im AGB-Gesetz (§§305ff BGB) entsprechend formuliert sind. Beachten Sie aber unbedingt, dass es im Gegensatz dazu bei einer individuellen Vereinbarung so gut wie keine Einschränkungen gibt. Sie wären dann nicht vom AGB-Gesetz geschützt!
In jedem Fall muss die Vertragsstrafe vorher vertraglich vereinbart werden, ist also kein Automatismus! Genau wie die Einbeziehung von Skonto oder einer Sicherheitsleistung ist diese Strafe an das Wort „wenn“ gebunden.
„Wenn“ also eine Vereinbarung getroffen wird, dann gilt sie mit allen Rechten und Pflichten – wenn nicht, dann eben nicht!
Höchstgrenzen
In der Regel wird die Vertragsstrafe mit einem bestimmten Prozentsatz pro Tag berechnet, üblich sind 0,2 – 0,3 %, wobei die 0,3% als gerade noch angemessene Obergrenze gelten. Wichtig ist hier auch die Klarstellung, um welche Art „Tag“ es sich eigentlich handelt! Eine normale Woche hat nämlich 5 Arbeits-, 6 Werk- und schließlich 7 Kalendertage.
In der Praxis könnte das für Sie bedeuten, dass Sie bei einer ganzen Woche Überziehung des vereinbarten Termins bei 0,3% Strafe pro Tag entweder 1,5% (Arbeitstage), 1,8% (Werktage) oder sogar 2,1% Vertragsstrafe zahlen müssten. Beachten Sie in Verträgen daher unbedingt immer die Details!
Die absolute Obergrenze der Vertragsstrafe darf dann insgesamt 5% der Abrechnungssumme nicht überschreiten, egal, welcher Satz pro Tag Überschreitung vereinbart ist.
Die angegebenen Prozentsätze beziehen sich übrigens jeweils auf die endgültige „Abrechnungssumme“ der Baumaßnahme. Diese Abgrenzung zur „Auftragssumme“ ist besonders bei Einheitsverträgen wichtig, weil die vorläufige Auftragssumme des Angebots normalerweise von der endgültigen Summe nach Aufmaß abweicht. Aus dem Grund macht es auch Sinn, Prozentsätze und keine absoluten Beträge (z.B. 2.000 Euro pauschal) anzugeben.
Gleiches Problem ergibt sich, wenn Leistungen aus dem Angebot später im Zug der Ausführung entfallen. Dadurch könnte eigentlich unzulässige Situation entstehen.
Beispiel:
- eine Vertragsstrafe von 5% bezieht sich auf die ursprüngliche Angebotssumme von z.B. 500.000 Euro
- das entspricht einer Summe von 25.000 Euro
- die tatsächliche Ausführungssumme nach Wegfall von Leistungen ergibt aber lediglich nur noch 350.000 Euro
- die 25.000 Euro entsprächen nun plötzlich einer Strafe von über 7%!
- hier würde die erlaubte Höchstgrenze der Vertragsstrafe deutlich überschritten!
Verschulden
Damit eine Vertragsstrafe überhaupt anfallen kann, muss ein Verschulden des Auftragnehmers vorliegen! Vertragsklauseln, die eine Strafe auch ohne Verschulden des AN einfordern würden, sind daher regelmäßig unwirksam.
Stellen Sie sich vor, dass bei einem Bauvorhaben der AG den Baufortschritt verzögert, z.B. weil er erforderliche Pläne, Genehmigung oder vielleicht Baustoffe (sofern so vereinbart) nicht rechtzeitig liefert, gleiches gilt in Fällen von höherer Gewalt, unvorhersehbarer Wetterkapriolen oder ähnlichem. In solchen Fällen liegt das Verschulden eindeutig nicht beim Unternehmer und kann ihm daher natürlich auch nicht angelastet werden.
Denken Sie als AN aber unbedingt daran, in dem Fall eine Baubehinderung anzuzeigen, mit dem Hinweis, dass sich der Fertigstellungstermin nun entsprechend nach hinten verschiebt! Wichtige Hinweise dazu finden Sie in früheren Artikeln bzw. VOB/B §6.
Besondere Details
Sollte dem Bauherrn ein (nachweisbarer) Schaden entstehen, der über die Vertragsstrafe hinausgeht, weil er z.B. vorübergehend in ein Hotel ziehen muss, so kann er diesen zusätzlich auch geltend machen, VOB/B §6 (6). Zu beachten ist, dass die Vertragsstrafe auf jeden Fall auf diesen Schaden angerechnet werden muss, eine separate zusätzliche Schadensersatzforderung, unabhängig von der Vertragsstrafe ist nicht wirksam.
Eine oder mehrere Vertragsstrafen können für Einzelfristen aus dem Bauzeitenplan und/oder die Gesamtfertigstellung eingeführt werden. Bei Einzelfristen sind die Regeln allerdings noch etwas strenger gehalten, als bei der Gesamtfertigstellung. So erfolgt die Berechnung des Betrages bei einer Zwischenfrist nach dem Abrechnungsstand, der bis dahin erreicht ist und nicht etwa nach der Gesamtsumme des Auftrages. Auch haben sich als Maximalbetrag pro Werktag Überschreitung nur 0,15% eingebürgert.
Entfall der Vertragsstrafe im Bauvertrag
Sollten in AGB des AG bei der Vertragsstrafe zu Zwischenfristen oder auch der Gesamtfertigstellung unwirksame Regelungen enthalten sein, z.B. überhöhte Prozentsätze, so können Sie normalerweise davon ausgehen, dass die gesamten Vertragsstrafen entfallen. Sie werden nicht etwa durch gültige Prozentsätze ersetzt.
Die Vertragsstrafe muss bei der (förmlichen) Abnahme vorbehalten werden. Sollte der Bauherr/Architekt vergessen, auf dem Abnahmeprotokoll den entsprechenden Vermerk einzutragen, so entfällt die Strafe und kann auch nicht nachträglich eingefordert oder einfach von der Schlussrechnung abgezogen werden, VOB/B §11 (4). Falls es eine Abnahme nach Fertigstellungsanzeige oder Ingebrauchnahme ist, dann muss der Vorbehalt eben innerhalb der entsprechenden Fristen gemacht werden.
Falls eine Kündigung des Bauvertrags erfolgt, ist natürlich der Unternehmer von seiner Pflicht zur Fertigstellung entbunden, der Vertrag ist beendet und so kann auch kein Verzug mehr eintreten.
Hinweise für die Praxis
- Seien Sie besonders sorgfältig, wenn eine Baubehinderung eintritt. Achten Sie peinlichst darauf, die exakten Gründe, Auswirkungen und Zeitangaben zu benennen.
- Teilen Sie dem Bauherrn so zeitnah wie möglich und natürlich nachweisbar schriftlich mit, dass Ihr Gewerk abnahmereif und damit fertiggestellt ist! Im Zweifelsfall kommt es auf wenige Tage an, ob die Strafe fällig wird oder eben nicht.
- Überprüfen Sie die entsprechende Formulierung in den AGB auf Wirksamkeit, eine gültige Möglichkeit könnte sinngemäß wie folgt lauten:
„Bei schuldhafter Überschreitung der vereinbarten Ausführungsfrist schuldet der Unternehmer eine Vertragsstrafe in Höhe von 0,2% pro Werktag, bis maximal 5% der Abrechnungssumme. Die Vertragsstrafe wird auf etwaigen Schadensersatz angerechnet.“