Zahlungsausfall wegen Corona: geht´s noch, lieber öffentlicher Auftraggeber?
In allen, wirklich allen Medien wird vollmundig verkündet, dass der Staat in dieser schweren Zeit keinen im Stich lässt und vor allem auch Unternehmen nachhaltig unterstützt, die Krise einigermaßen unbeschadet zu überstehen! Dazu gehören meines Wissens ja auch die Handwerksunternehmen und nicht nur Großkonzerne, richtig?
Politiker stellen sich als Krisenmanager zur Schau und irgendwie hat jeder trotz Krise das Gefühl, dass unsere Führungsriege sich gut um uns alle kümmert. Stimmt ja auch! Selten war so eine partei-übergreifende Einigkeit und Entschlussfreudigkeit des Spitzenpersonals der Parteien zu beobachten.
Aber wie sieht es weiter unten, bei den Kommunen aus?
Der Verband Beratender Ingenieure (VBI), Pressemitteilung und der Hauptverband der deutschen Bauindustrie (HDB), Pressemitteilung beklagen einhellig, dass verschiedene kommunale Auftraggeber trotz mangelfreier und vollständig abgenommener Leistung jetzt einfach ihre Rechnungen nicht bezahlen möchten!
Argument: der Unternehmer könne ja stattdessen ein Corona-Hilfsprogramm in Anspruch nehmen!?
Verstehe ich das richtig? Wenn ich das weiterdenke, könnte ja auch ein privater Auftraggeber einfach alle seine Rechnungen unbezahlt lassen und auf Hilfsprogramme des Bundes verweisen?
Liebe Auftraggeber, zur Klarstellung:
ein Hilfskredit, der zur Bewältigung einer bedrohlichen Krise (also ECHTE Zahlungsausfälle, Wegfall von Aufträgen etc…), kann KEIN Ersatz für das einfache Begleichen einer Rechnung sein. Gerade Handwerksunternehmer finanzieren zu einem großen Teil ihre Bauleistungen vor, die Gewinnspannen wachsen auch in guten Jahren nicht in den Himmel. Mit diesem Verhalten werden viele mit voller Absicht in die Insolvenz geschickt, Arbeitsplätze gehen verloren, Existenzen den Bach runter.
Sollte nicht gerade jetzt die öffentliche Hand, die sich in den letzten Jahren zunehmend beklagt hat, dass Sie kaum mehr gute Unternehmer für Bauarbeiten bekommt, mit bestem Beispiel vorangehen? Warum wollten denn viele in den vergangenen Jahren nicht mehr für den Staat arbeiten: die Wahl war zu treffen zwischen Aufträgen im freien Markt oder eben dem öffentlichen Auftraggeber, der sich häufig auszeichnet durch schlechte Zahlungsmoral, überzogene Zahlungsfristen, nur der billigste Anbieter wird genommen etc…. wie fällt diese Wahl wohl aus?
Fazit:
ein sofortiges Umdenken ist nötig, um auch Handwerker, die keine so große Lobby besitzen nicht im Regen stehen zu lassen. Und dieser Appell ist nicht als Gejammer zu verstehen, sondern als Erinnerung an die Grundsätze von Treu und Glauben und dass ein Vertragspartner einfach seine ganz normalen Verpflichtungen aus einem Vertrag zu erfüllen hat, auch – oder besonders – wenn es ein öffentlicher Auftraggeber ist!!
Bestehen Sie auf Vorauszahlungen oder sonstige, gültige Zahlungsversprechen, BEVOR Sie mit der Baumaßnahme beginnen. Verlassen Sie sich jedenfalls nicht blind auf Ihren Vergütungsanspruch und gehen Sie mit offenen Augen an den Auftrag heran…..viel Glück!
Sie würden diese Artikel gerne auch bequem z.B. beim Autofahren, Kochen oder Staubsaugen hören? Kein Problem! Probieren Sie einmal meinen Handwerker-Podcast „Bauhelden“. Garantiert vom Praktiker, garantiert bayrisch 😉