Abnahmeprotokoll

Bauabnahme nach BGB und VOB: Rechte, Pflichten und Praxistipps für Handwerker

Abnahme: Der wichtigste Schritt nach der Fertigstellung

Was ist überhaupt eine Abnahme und warum ist dieser Vorgang so entscheidend? Viele Unternehmer unterschätzen die Bedeutung – dabei hängt an der Abnahme nicht nur die Vergütung, sondern auch eine Reihe weiterer rechtlicher Folgen.

Was sagt das Gesetz?

Die rechtlichen Grundlagen finden sich im BGB § 640 und in der VOB/B § 12. Während das BGB die Basics regelt, liefert die VOB einige zusätzliche Details – besonders zu Form, Ablauf und rechtlicher Wirkung.

 

Was ist eine Abnahme?

Die Abnahme ist eine einseitige Willenserklärung des Auftraggebers (AG). Er erklärt damit, dass die Leistung des Auftragnehmers (AN) im Wesentlichen vertragsgerecht erbracht wurde. „Im Wesentlichen“ bedeutet: kleinere Mängel oder Restarbeiten stehen der Abnahme nicht im Weg – sie kann unter Vorbehalt erfolgen und ist trotzdem voll gültig.

Der AN selbst hat bei der Abnahme nichts zu melden – so sehr man sich das auch manchmal wünschen würde.


 

Die rechtlichen Folgen der Abnahme

1. Abschluss der Bauausführung
Mit der Abnahme ist das „Erfüllungsstadium“ beendet. Der Bau ist (rechtlich) abgeschlossen, auch wenn z. B. eine Kündigung die Arbeiten frühzeitig beendet hat. Wichtig: Auch dann muss eine Abnahme erfolgen – unter anderem zur Abgrenzung der Haftung in der Gewährleistungszeit.


2. Fälligkeit der Vergütung

Ab der Abnahme können Sie Ihre Vergütung einfordern. Drei Voraussetzungen sind erforderlich:

  • Rechnung ist prüfbar

  • Zahlungsfrist ist abgelaufen

  • Abnahme ist erfolgt

Stellen Sie also ruhig schon vor der Abnahme die Schlussrechnung – die Fristen beginnen zu laufen. Fällig wird die Zahlung allerdings erst ab Abnahme!


3. Beweislastumkehr

Bis zur Abnahme müssen Sie als Unternehmer nachweisen, dass Ihr Werk mängelfrei ist. Danach dreht sich das Spiel: Jetzt muss der AG beweisen, dass Sie den Mangel zu verantworten haben – Ausnahmen gelten für Mängel, die im Abnahmeprotokoll vermerkt sind.


4. Gefahrenübergang

Bis zur Abnahme tragen Sie die Verantwortung für Schäden am Gewerk – egal ob Diebstahl, Wetter oder Dritte. Danach geht die Gefahr auf den AG über. Ein Grund mehr, auf eine schnelle Abnahme zu drängen!


5. Beginn der Gewährleistung

Die Gewährleistungsfrist beginnt mit dem Abnahmetermin. 5 Jahre nach BGB, 4 Jahre nach VOB/B.
Achtung Trick: Manche Bauherren mogeln gerne längere Fristen in die Abnahmeprotokolle – rechnen Sie genau, bevor Sie unterschreiben!


6. Vertragsstrafe? Nur bei Vorbehalt!

Wird bei der Abnahme keine Vertragsstrafe ausdrücklich vorbehalten, entfällt sie – selbst wenn Sie eigentlich im Verzug waren. Siehe BGB § 341 (3) bzw. VOB/B § 12 (5) Nr. 3 und § 11 (4).


 

Die verschiedenen Arten der Abnahme

Nur wenn keine förmliche Abnahme vereinbart wurde, greifen folgende Alternativen:

A1) Einfache Abnahme

AG sagt z. B. „Passt alles, schick die Rechnung!“

A2) Stillschweigende Abnahme

AG zahlt die Rechnung, nutzt das Gewerk und erhebt keine Einwände.

A3) Fiktive Abnahme (nach Fristsetzung)

Sie setzen eine Frist zur Abnahme – reagiert der AG nicht und rügt keinen Mangel, gilt das Werk als abgenommen. Wichtig: Bei Verbrauchern nur mit schriftlichem Hinweis auf diese Rechtsfolge!

A4) Fiktive Abnahme (nach Fertigstellungsanzeige – VOB)

Nach schriftlicher Anzeige und 12 Werktagen gilt das Werk als abgenommen.

A5) Fiktive Abnahme (nach Nutzung – VOB)

Nach 6 Werktagen Nutzung tritt die Abnahmewirkung ein.

A6) Förmliche Abnahme (empfohlen!)

Beide Seiten treffen sich, prüfen gemeinsam und dokumentieren das Ergebnis. Mängel, Vorbehalte und Einwände werden schriftlich festgehalten. Ideal für beide Seiten – sauber, verbindlich und klar nachvollziehbar.

Praxistipp:
Bei der förmlichen Abnahme können Sie direkt argumentieren – manchmal lassen sich „Mängel“ im Gespräch schon klären. Und: „Wer schreibt, der bleibt“ – Sie haben einen klaren Nachweis!


 

Abnahmeverweigerung

Nur bei wesentlichen Mängeln darf die Abnahme verweigert werden. Verweigert der AG die Abnahme nicht fristgerecht, tritt die Abnahme trotzdem ein – ein kleiner Spielraum, den Sie kennen sollten!


 

Die Zustandsfeststellung nach § 650g BGB

Wenn die Abnahme verweigert wird, dürfen Sie eine Zustandsfeststellung (ZF) verlangen. Ziel: Den aktuellen Zustand dokumentieren und die Beweislast zu Ihren Gunsten umkehren.

Ablauf:

  • Termin ansetzen

  • Protokoll anfertigen

  • AG erscheint nicht? Dann führen Sie die Feststellung allein durch (außer der AG fehlt unverschuldet)

Wichtig: Kündigt der AG oder ist Ihre Leistung nach Verweigerung nicht mehr zugänglich, ist die ZF Gold wert!


 

Fazit

Die Abnahme ist der zentrale Wendepunkt im Bauvertrag. Mit ihr beginnt:

  • die Gewährleistung

  • die Beweislastumkehr

  • der Anspruch auf Vergütung

  • der Gefahrenübergang

  • der Schutz vor Vertragsstrafe (wenn kein Vorbehalt erfolgt)

Tipp: Bestehen Sie auf eine förmliche Abnahme. Sie ist sauber, dokumentiert alles schriftlich – und schützt Sie im Zweifel am besten.




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