Privilegierung entfällt

Privilegierung der VOB/B weg – ist das ein Beinbruch?

 Seit dem BGH-Urteil vom 24. Juli 2008 ist klar:

👉 Die sogenannte Privilegierung der VOB/B entfällt, wenn Bauverträge mit Verbrauchern – also Privatkunden – abgeschlossen werden.

Aber ist das wirklich so schlimm? Oder eher ein „Stolperer mit Prellung“?


 

Rückblick: Was war nochmal die „Privilegierung“?

Die VOB/B (Teil B der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen) ist kein Gesetz, sondern ein Sammlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) – für den Bau.

Weil sie über Jahrzehnte als „fair“ und „ausgewogen“ galt, wurde sie bis 2008 nicht im Detail nach dem AGB-Recht geprüft, sofern sie vollständig und unverändert in den Vertrag einbezogen wurde.

Diese Sonderstellung nennt man „Privilegierung“.

Doch seit dem Urteil des BGH:

Keine Privilegierung mehr bei Verbraucherverträgen.

 


 

Was bedeutet das konkret?

Wenn Sie mit einem Privatkunden einen Vertrag schließen und dabei die VOB/B verwenden, dann wird jeder einzelne Paragraph auf seine Zulässigkeit nach AGB-Recht überprüft.

➡️ Unwirksame Klauseln werden gestrichen und durch die BGB-Regel ersetzt.

 


 

🔍 Verträge mit Unternehmen & öffentlicher Hand – alles wie gehabt?

Fast. Hier kann die Privilegierung weiterhin gelten – wenn die VOB/B vollständig und unverändert übernommen wurde.

⚠️ Aber aufgepasst:

Sobald auch nur eine kleine Änderung vorgenommen wird (z. B. Gewährleistung, Abnahmebedingungen etc.), entfällt auch hier die Privilegierung.

Und jetzt wird’s spannend:

Dann werden nur die Paragraphen gestrichen, die den Vertragspartner des Verwenders benachteiligen.
➡️ Für Sie als Unternehmer bedeutet das:
Sie tragen das volle Risiko – auch wenn der AG Änderungen eingebaut hat.

 


 

Beispiele für gefährdete Klauseln

❌ Schlechter für den Unternehmer (wenn gestrichen):

  • § 13 (4): Gewährleistung nur 4 Jahre → ersetzt durch 5 Jahre nach BGB

  • § 15 (3): Stundenlohnzettel gilt nach 6 Tagen als anerkannt → entfällt

  • § 12 (3): Fiktive Abnahme nach 6 bzw. 12 Werktagen → nicht mehr wirksam

✅ Gut für den Auftraggeber (bleiben ggf. gültig!):

  • § 16 (3): Verlust des Nachforderungsrechts bei stillschweigender Annahme

  • § 2 (8): Keine Vergütung ohne schriftlichen Auftrag

  • § 16 (6): Direktzahlung an Gläubiger

➡️ Ein echter Beinbruch, wenn man’s nicht weiß.

 


 

Verbraucherverträge – was gilt hier?

Fall 1: Verbraucher bringt VOB/B ein

➡️ Wenn vollständig & unverändert: ok
➡️ Bei Änderungen: Privilegierung entfällt – Unternehmer ist geschützt

Fall 2: Unternehmer bringt VOB/B ein

➡️ Privilegierung entfällt IMMER, auch wenn nichts geändert wurde
➡️ Volle Inhaltskontrolle – oft mit Nachteilen für den Unternehmer


 

✅ Fazit: Ist das jetzt schlimm?

Nein, aber man muss wissen, worauf man sich einlässt.

Gerade seit der BGB-Reform 2018 gibt es gute Gründe, bewusst auf das BGB zu setzen – vor allem im Privatkundengeschäft:

  • Bessere Regelungen für Nachträge (§ 650b, 650c)

  • Klare Zahlungs- und Abnahmebedingungen

  • Höhere Akzeptanz bei Verbrauchern


📌 Unser Tipp für Handwerksbetriebe:

Vertragspartner Empfehlung Warum?
Privatkunden BGB-Vertrag verwenden Weniger Streit, mehr Rechtssicherheit
B2B / Unternehmen ✅ VOB möglich, aber nur unverändert  
Öffentlicher Auftraggeber 🔒 VOB ist Pflicht Gesetzlich vorgeschrieben

 

Und die VOB/B – brauchen wir die noch?

Jein.
Die VOB ist weiterhin Standard im öffentlichen Bau und auch in vielen großen Bauprojekten.
Aber für kleine und mittlere Handwerksbetriebe – vor allem im Privatbereich – bietet das BGB inzwischen oft klarere, sicherere Spielregeln.

Vielleicht kein Beinbruch –
aber auch kein gesundes Sprinttraining für den Vertragsalltag.


 

👉 Weiterführend:

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