Warum ist es so wichtig, jede – und ich meine wirklich JEDE Vereinbarung, die auf der Baustelle getroffen wird, unbedingt in Schriftform zu verfassen? Dazu später….
Zuerst ein Beispiel:
Sie treffen mit dem zuständigen Bauleiter/Bauherren/Architekten auf der Baustelle eine Vereinbarung über zusätzliche Arbeiten in Höhe von 1.500.– Euro und besiegeln den Deal rechtssicher mit einem Handschlag und ernstem Augenkontakt.
Ist ja auch ok, denn schließlich kennen Sie sich nun schon ein paar Wochen und da „menschelt“ es schon ein wenig. Außerdem eilt gerade diese zusätzliche Arbeit sehr und da ist einfach keine Zeit für diesen Schreibkram. Und überhaupt sind Sie Handwerker, da gilt ein Handschlag noch etwas, Berufsethik und so…
Kommt Ihnen die Situation bekannt vor?
Danach führen Sie Ihre Arbeit schnell und ordentlich aus und stellen Ihre Rechnung und damit beginnt häufig das eigentliche Problem….
Erste Frage:
Ist ein mündlich geschlossener Vertrag auf der Baustelle überhaupt gültig?
Die Antwort:
Selbstverständlich! Wenn Sie im Lebensmittelladen Ihres Vertrauens einen Schokoriegel kaufen, kommt es an der Kasse auch eher selten zu einem unterschriebenen Vertragswerk, richtig?
Ok, aber wo liegt dann das Problem?
So könnte unser Fall nun weitergehen: nach sehr schnell erledigter Arbeit und ebenso schneller Rechnungsstellung kommt in unserem Fall nun leider kein genauso schneller Zahlungseingang! Vielmehr kann sich der Bauleiter/Bauherr/Architekt an diese Vereinbarung jetzt plötzlich gar nicht mehr so genau erinnern. Und warum ist das eigentlich so teuer geworden, obwohl die Arbeit doch so schnell erledigt war, da will uns doch der Handwerker bestimmt über den Tisch ziehen, die verdienen doch eh so viel? War da außerdem nicht die Rede von 150 Euro oder wer hat überhaupt explizit diese Arbeit in Auftrag gegeben….?
Das „Spiel“, vielmehr der Kampf um Ihre Vergütung beginnt! Womöglich bekommen Sie in der Folge tatsächlich gar keine oder zumindest eine geringere Vergütung, obwohl Sie doch dem Bauherren einen Gefallen getan haben und besonders schnell reagiert haben. Zeugen haben Sie keine und selbst wenn, dann hat Ihr Bauherr bestimmt auch Zeugen usw…. Wie sollte nun ein Richter im Streitfall entscheiden, wenn er keine Schriftstücke zu sehen bekommt? Wenn Sie Glück haben, kommt ein Vergleich heraus, im schlechtesten Fall gar nichts.
Es scheint schon länger – noch weit vor den Zeiten von Corona – eine sehr ansteckende Krankheit um sich zu greifen, sie befällt sehr häufig alle Arten von Auftraggebern und sie nennt sich: Amnesie!
Amnesie:
„Störung des Gedächtnisses für zeitliche oder inhaltliche Erinnerungen“ (lt. Wikipedia). Kommt im handwerklichen Umfeld häufig unter Bauleitern, Bauherren oder Architekten vor und scheint hochansteckend!
Um also dieses gar nicht so unwahrscheinliche Szenario von oben künftig zu vermeiden, gibt es nur eine einzige, dafür aber sehr einfache Möglichkeit:
halten Sie GRUNDSÄTZLICH jegliche Kommunikation, VOR ALLEM wenn es um Geld geht, schriftlich fest und holen Sie sich am Besten dazu auch noch die Unterschrift der bevollmächtigten (!) Person, die diese Anordnung trifft. Das gilt nicht nur, wenn es um sehr große Summen geht, sondern gewöhnen Sie sich an, ab sofort JEDE zusätzliche Vereinbarung schriftlich zu fixieren – Kleinvieh macht auch Mist!
Sollte es Ihr Gegenüber besonders eilig mit der Ausführung der Arbeit haben – mit Zeitnot wird gerne mal Druck gemacht – dann ist das überhaupt kein Problem: er muss sich halt mit seiner Unterschrift einfach noch etwas mehr beeilen!
Ein geeignetes Musterschreiben für einen nachträgliche Auftrag finden Sie hier. Das Schreiben ist als Vorschlag zu verstehen, der von Ihnen natürlich beliebig abgewandelt werden kann – seien Sie kreativ. Und: jedes Schreiben ist besser, als gar kein schreiben!
Also: lassen Sie sich nicht hetzen und Drohungen wegen Bauverzögerung, Liebesentzug etc. von sich abprallen: Schriftform muss sein (es ist eine gute Idee, den Auftraggeber schon im Bauvertrag schriftlich darauf hinzuweisen), andernfalls bergen Absprachen vor allem für Sie ein viel zu hohes und vor allem unkalkulierbares Risiko von Zahlungsausfall!
Mein ganz persönlicher Rat: wenn es um Geld im Geschäftsleben geht, dann suchen Sie keine Freunde und vertrauen Sie erst einmal niemandem.
Oder, wie es der Wirt meiner Stammkneipe interpretiert: in God we trust, all others cash!